Parque Cultural de Montevideo, Uruguay
Die Geschichte Uruguays und seiner Hauptstadt Montevideo ist eng verknüpft mit der Geschichte des anliegenden Hafens, der seit jeher Motor wirtschaftlicher und städtebaulicher Entwicklung ist. Aufgrund zahlreicher Rezessionen und ökonomischer Umwandlungsprozesse im 20. Jahrhundert ist ein Streifen enorm hohen Leerstandes zwischen Hafen und Stadt entstanden. Darin liegt besonderes Entwicklungspotential für die Verdichtung zentralen, städtischen Lebens. Die Wiedernutzbarmachung zentraler Brachen steht der aktuellen Tendenz der Ausbreitung der Stadt entlang der östlichen Küstenlinie gegenüber. Das Gelände der Arrocera Oriental, an der Schnittstelle zwischen Hafengebiet und Stadt, ist exemplarisch für diese städtebauliche Besonderheit. Ende des 19. Jahrhundert wurde die Anlage für die Verarbeitung und Lagerung von Reis errichtet und in zahlreichen Stufen umgebaut und erweitert. Heute stellt sich das Areal als komplexe Sammlung unterschiedlicher Lagerhallen dar. Strukturell prägend ist der massive Hauptbau der Mühle, der ehemals der Verarbeitung der Reiskörner diente. Dieser überragt die angrenzenden Gebäude deutlich. Die umliegenden Lagerhallen mit ihren unterschiedlichen Dachformen stellen ein horizontales Gegenüber dar. Eine Mauer fasst das heterogene Areal ein und lässt es als Einheit lesbar werden. Seit einigen Jahrzehnten wird in der Arrocera Oriental kein Reis mehr verarbeitet. Heute dienen die Gebäude einer örtlichen Bank als Verwaltungslager. Für die Revitalisierung des Areals wird die Funktion des Parque Cultural de Montevideo, einer öffentlichen Parkanlage mit einer Kulturfabrik, initiiert. Auf die Mühle, als ehemaliger Produktionsstätte, wird funktional Bezug genommen – hier finden sich Studios, Werkstätten und Atelierräume als Orte der Kulturproduktion. Demgegenüber werden die Lagerhallen teils für Ausstellungen und Veranstaltungen nutzbar gemacht. Strategisch geht es um die Entwicklung des Potentials der vorgefundenen Räume. Dafür werden die charakteristischen Strukturen des Gebietes freigelegt und abgebildet. Addiert wird ein Riegel, der als offene Passage das gesamte Areal durchkreuzt und erschließt. Er verbindet die unterschiedlichen Niveaus und lässt eine Raumfolge entstehen. In Form eines Negativgusses bildet der Körper die heterogene Dachlandschaft ab und wird in der Folge, durch die großflächige Abdeckung der Dachdeckung, zum Relikt des vorgefundenen Zustandes. Die scheinbar zufällige Disposition der gewachsenen Struktur wird zur formgebenden Instanz. Die großzügige Öffnung des Areals zum Himmel lässt den Freiraum für eine urbane Parkanlage entstehen. Die erhaltenen Tragstrukturen tauchen das Areal in ein Spiel aus Licht und Schatten. Der Hauptbau wird durch eine Aufstockung ergänzt, indem sein vertikaler Charakter fortgeführt und prägende Fassadenelemente zeitgenössisch abstrahiert werden. Damit soll seine ikonische Gestalt verstärkt und die Verortung des neuen Kulturstandortes weithin sichtbar werden. Mit dem Parque Cultural de Montevideo soll jungen Kulturschaffenden eine Plattform und Anwohnern ein öffentlicher Ort mit hoher Aufenthaltsqualität geboten werden. Ziel ist es als Impulsgeber die Entwicklung des Viertels anzuregen und mit Hilfe positiver Beispiel der Wiedernutzbarmachung vergessener Bauten den Fokus auf das Potential zentraler Industriebrachen in Montevideo zu richten.
Projektart
Masterarbeit
Betreuer
Prof. José Mario Gutiérrez Marquez
Ort
Bauhaus-Universität Weimar, Deutschland
Zeitraum
2016
Auszeichnung
Absolventenpreis der Fakultät Architektur und Urbanistik, 2016